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The Magic of Varanasi

Varanasi –  20 Stunden später und die Fahrt auf dem Ganges

Geplant waren für Varanasi drei Nächte und somit zwei volle Tage. Als Transportmittel hatten wir uns nochmal für den Zug entschieden. Somit wurden aus zwei vollen Tagen nur noch einer. Man kann eben nicht immer nur Glück haben. Im ersten Part von Rajasthan erwähnten wir ja bereits, dass uns die Verspätungen der indischen Züge auch mal zum Verhängnis werden sollte. Der Zug ist in Agra bereits zwei Stunden verspätet los und sollte planmäßig 12 benötigen. Aus den 12 Stunden wurden letztlich über 20, die terminierte Ankunftszeit verschob sich von 11.30 Uhr auf ca. 7.00 Uhr abends. Dazu kam, dass es sich um einen sehr alten Zug handelte.


20 nicht enden wollende Stunden.


In dem schier endlosen Zug trifft man vereinzelt auch auf westliche Mitreisende.

Die AC2 Klasse, die wir diesmal extra aufgrund der längeren Fahrzeit buchten, war hier wesentlich schlechter als die AC3 Klasse, die wir letztes Mal fuhren. (AC2 ist eine Klasse besser als AC3). Dies bestätigten auch andere Mitreisende, mit denen man sich unterhielt. Es war offen gestanden schrecklich, so lange ohne frische Luft und Bewegungsmöglichkeit in diesem „Käfig“ eingesperrt zu sein. Eine ältere Inderin, mit der wir uns ganz nett unterhalten haben, hat uns beim Aussteigen noch über den Kopf gestreichelt und sich mit einem „God bless you“ verabschiedet. Na dann war ja alles geritzt 😉

Wir sind dann ca. 2 km vor dem Zielbahnhof Varanasi ausgestiegen. Der Zug stand nämlich gerade wieder mal, was er gefühlt alle 10 min tat, daher auch die kumulierte Verspätung. Generell stand der Zug eigentlich mehr herum als dass er sich fortbewegte. Irgendwann erfuhren wir auch den Grund für dieses aktuelle Halten mitten in der Pampa: Die Gleise in Varanasi waren alle belegt, der Zug konnte nicht einfahren. Und da er ohnehin schon so massiv spät dran war, bekam er gegenüber anderen Zügen auch keinerlei Vortritt mehr. Wie lange es denn schätzungsweise noch dauern könnte? Vielleicht 10 min, oder 30, vielleicht aber auch 1,5 Stunden, so die Aussage. Also beschlossen wir in geschlossener Gruppe – übrigens ebenso wie die meisten Inder aus dem Zug – auszusteigen und im Dunkeln entlang der Gleise zwischen teils abgestellten Waggons Richtung Bahnhof zu laufen, stets darum bemüht, nicht zu stolpern oder von einem der ankommendem Güterzüge überrollt zu werden. Aber außergewöhnliche Situationen erfordern nun mal unkonventionelle Maßnahmen. Im Nachhinein wissen wir, dass insbesondere für diese Strecke vom Zug als Transportmittel abgeraten wird. Start und Ziel der Strecke liegen sehr weit auseinander und oft werden ältere Züge eingesetzt. Damit sind Verzögerungen vorprogrammiert. In dem Fall ist Fliegen also die bessere Alternative.

Abends sind wir direkt zu den Gates am Ganges gefahren. Insgesamt gibt es derer über 80, an jedem finden Verbrennungen statt. Und natürlich auch alle anderen Facetten des täglichen Lebens. So wundert es sicher nicht, dass wir gerade hier eine der empfohlenen Möglichkeiten zur Nahrungsaufnahme suchten. Da wir unser Ziel aber in den vielen verwinkelten Gässchen nicht finden konnten, beschlossen wir, einem blonden Pärchen hinterherzulaufen. Die sahen zielstrebig und ortskundig aus. Und tatsächlich, es waren zwei Dänen, die zu Hause Orientologie studieren und gerade ein Auslandssemester in Varanasi machten.


Die Ruhe vor dem Sturm, zur Dämmerung beginnt das Schauspiel auf dem heiligsten aller Flüsse.

Am nächsten Morgen lernten wir im Hostel ein Pärchen aus Brasilien kennen, die schon ein Weilchen länger unterwegs waren. Die zwei waren schon zum zweiten Mal in Varanasi und hatten für abends eine Bootsfahrt auf dem Ganges gebucht. Es war nämlich immer noch Diwali Festival-Zeit, das Lichterfest, welches über mehrere Tage geht und sowohl in Nepal als auch in Indien gefeiert wird. Es sollte ein riesen Lichterspektakel am Ganges stattfinden, das zwar auch von den Gates aus betrachtet werden kann, aber aufgrund der Menschenmassen, die dann noch krasser sind als sonst schon, sei es vom Boot aus wesentlich angenehmer. Zudem sieht man dann den Sonnenuntergang bei Vollmond auf dem Ganges, und hey, man ist mal auf dem Ganges Longtailboat gefahren! Nicht, dass es eines meiner Lebensziele war, in einem aus Brettern zusammengeschusterten Ruderboot über den Ganges zu fahren. Eher hatte ich Bedenken zu kentern, denn später sah man auf dem Fluss mehr Boote als Wasser, die auch ständig aneinander rammten. Und in dieses Wasser möchte glaube ich keiner unbedingt fallen!

Nachdem uns Priscilla und Hugo mit super Tips für Brasilien versorgt hatten, organisierten sie unsere Mitfahrgelegenheit auf dem Boot. Gegen Mittag brachen wir gemeinsam auf zum lunch und liefen danach noch über die Gates und sahen den Menschen bei ihrem alltäglichen Treiben am Ganges zu: spielende Kinder, Männer und Frauen, die baden, Wäsche waschen, Zähne putzen, essen, stattfindende Verbrennungen und laufende Vorbereitungen für abends.

Auf allen möglichen Stufen und Steinhängen wurden winzige Tonschüsselchen mit Wachs befestigt, in jedes ein Docht gelegt und dann flüssiges Wachs eingegossen. So erhielt man abertausende kleiner Kerzen, die später alle angezündet werden sollten und zu einem berauschenden Lichtermeer erstrahlten. Eine Heidenarbeit!

Zu den Verbrennungzeremonien, die autark und unabhängig von allem anderen stetig weiterlaufen, will ich gar nicht so viel ausholen, darüber hatten wir in unserem Nepal Beitrag schon berichtet. Allerdings laufen sie in Varanasi etwas anders ab als in Kathmandu. Dort gibt es ein abgegrenztes Areal, bei dem man auch Eintritt zahlt (zumindest als Nichteinheimischer) mit mehreren Tempeln, alles ist wesentlich mystischer, ruhiger, zeremonieller. In Varanasi ist es eher wie eine Art Massengeschäft und die Verbrennungen sind ein völlig normaler Teil des dort alltäglichen Treibens. Aber auch hier gibt es ein elektrisch betriebenes Krematorium, also ohne Holzscheite, welches von der Regierung finanziert wird. Dies ist für den Teil der Bevölkerung, die sich traditionelle Verbrennungen nicht leisten können, die sind nämlich ganz kostspielig und sind für viele nicht erschwinglich, auch wenn ein Gläubiger alles dafür geben würde. Vermieden werden soll dadurch, dass nicht vollständig verbrannte Leichen – je länger die Verbrennung desto teurer – in den Ganges entsorgt werden. Wenn man aber sieht, was die Menschen alles in ihren heiligen Fluss entsorgen, nämlich wirklich einfach ALLES, ist dieses Unterfangen aus umweltlichen Gesichtspunkten ein Tropfen auf den heißen Stein.

Aufgrund der Feierlichkeiten wurde freies Essen ausgeteilt, was ich großartig fand, da sehr viele bedürftige Menschen umher liefen, insbesondere viele kleine Kinder mit nicht mehr als ein paar Lumpen am Leib. Als wir sahen, dass auch betuchteren Indern und Touristen etwas angeboten wurde, die sich weiß Gott etwas zu essen leisten konnten, blieben wir sprachlos über so viel Großzügigkeit.


So langsam füllten sich die Gates – hier das „Assi Gate“, eines der größten.

Bei Einsetzten der Dämmerung stiegen wir also in unser Boot. Nach anfänglichem Unwohlsein – hoffentlich kippt die Nusschale nicht – genossen wir die Fahrt, die gute zwei Stunden dauern sollte. Nach und nach wurden alle Kerzen angezündet, das Ufer und die Gates erleuchteten in vielen bunten Lichtern. Es wurden kleine Tonschälchen mit Blumen und einer kleinen Kerze darin verteilt. Jeder sollte mindestens eines in den Händen halten. Nachdem man sich etwas gewünscht hatte – man durfte sich angeblich so viel wünschen wie man wollte, mal sehen 😉 – sollte man die Kerze darin anzünden und es in den Ganges legen. Unser Gefühl dabei war zwiegespalten: ein schöner Brauch, und hübsch aussehen tut ein Licht auf dem Wasser im Dunkeln natürlich auch, jedoch hat unsereins dann doch immer den ganzen Müll im Hinterkopf.


Im Hinduismus, Jainismus und Buddhismus wird die Swastika bis heute als religiöses Glückssymbol verwendet.


Many thanks to Priscilla and Hugo for this wonderful trip!


Die Verbrennungszeremonien laufen auch während des Festes weiter.

Das Ufer füllte sich immer mehr, es setzten zahlreiche Zeremonien ein: Musik, Tanzaufführungen in traditionellen Gewändern, Feuerwerke. Laut, bunt, fröhlich.

Das Boot führte uns mehrmals den Ganges hinauf an fast allen Gates entlang und wieder zurück zum Ausgangspunkt. Wir stiegen aus und stürzten uns in die Menschenmassen, die nun noch dichter war als sonst, und das will echt was heißen.

In all dem Tummult und Farbenspiel gibt es immer wieder ganz bezaubernde Momente zu erleben.

Gefühlte 100 Selfies später, um die wir wieder mal ständig gebeten wurden, fuhren wir zu viert bei einem völlig entspannten Tuk Tuk Fahrer und noch beeindruckt von den vielen Lichtern und dem Trubel am Ganges zurück zum Hostel.

Nach all den recht intensiven Eindrücken in Nepal und Indien ging es für nun weiter ins Land des Lächelns – nach Thailand – um etwas Luft zu holen.

Dazu erfahrt ihr in den kommenden Beiträgen mehr, bis dahin…

Liebe Grüße
Eure Diana & Marcel

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4 Kommentare

  1. Meike 29. November 2017

    Diese Fotos einfach wundervoll. 💜

  2. Martin 1. Dezember 2017

    Toll, absolut unbeschreiblich! Viele liebe Grüße aus dem Spessart! Martin

  3. Doris 5. Dezember 2017

    Wunderschöne Fotos….

  4. Daniela 22. Dezember 2017

    Die wundervollen Bilder und auch euer Bericht dazu zeugen wirklich von einem wahnsinnig tollen Erlebnis! Wirklich wunderschön. LG Daniela

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