Adventure Book

an adventure story

Kambodscha

Auf zur sagenumwobenen Tempelstätte Angkor Wat

Von Yangon/Myanmar ging es also weiter nach Siem Reap, Kambodscha, zu unserem nächsten spektakulärem Ziel: die legendäre Tempelanlage Angkor Wat. Die vermutlich größte Tempelanlage weltweit gehört ebenfalls zu den UNESCO Weltkulturerben. Sie zählt mit über 1000 „Gebäuden“ auf einer Fläche von mehr als 200 km2 wohl zu den großartigsten Bauwerken, die der Menschheit erhalten geblieben ist. Spätestens durch Filme wie Tomb Raider und Indiana Jones dürfte die majestätische Tempelstätte allgemeine Berühmtheit erlangt haben.


Angkor Wat ist die größte und bekannteste Tempelstätte des Angkor Komplexes.

Wir landeten also in Siem Reap, Ausgangspunkt für Angkor Wat, welches noch ca. 6 km von Siem Reap entfernt liegt. Wobei Siem Reap nicht die Hauptstadt von Kambodscha ist, sondern Phom Pen. Siem Reap selbst ist an sich ganz hübsch, im Zentrum eben für Touristen zurecht gemacht. Es gibt viele kleine Straßenrestaurants, zahlreiche Cafés und Bars, der Verkehr ist chaotisch wie fast überall in Südostasien. Aber dazu später noch mehr.
Die Kambodschaner sind überaus freundliche und dienstleistungsorientierte Menschen. Manchmal fast zu sehr. Auch wenn sie natürlich auch ganz genau wissen, wie sie uns Touris übers Ohr hauen können, legen sie teils ein nahezu devotes Verhalten an den Tag, dass zum Teil schon auch manchmal ein wenig nerven kann. So wurde man bspw. morgens im Hotel mit einem „good Morning, how Are you“ begrüßt, und zwar auch dann immer noch, wenn man innerhalb von 10 min zum 4. Mal vorbei gelaufen ist. Und so oft vorbeilaufen ist ja nicht unüblich: Zum Frühstück hin, vom Frühstück weg, dann raus, vielleicht noch was vergessen und zurück. Abends das Gleiche Spiel wieder: ein überschwängliches „Hi, how was your day“. Kurz darauf geht man wieder raus, um vielleicht noch etwas zu essen oder auf einen Spaziergang, wieder die gleiche Frage. Ehrlich gesagt kommt man sich irgendwann ein wenig blöd vor, so als ob es nicht wirklich ernst und freundlich gemeint ist, sondern eher wie eine auswendig gelernte Floskel, die sie einfach immer abspielen. Oder als hätten sie einen nicht wirklich gesehen?  Na ja, und nach ein paar Tagen wirkt es dann auch einfach ein bisschen dümmlich.
Es folgte eine weitere Anekdote, die im Nachhinein zwar lustig ist, wie aber zu dem Zeitpunkt nicht sicher waren, ob wir nun lachen oder weinen sollten:
In unserem Zimmer sollte ein Kühlschrank vorhanden sein. Da wir vorhatten, 6 Tage in Siem Reap zu bleiben, ist ein Kühlschrank nicht so verkehrt, um auch mal Obst oder Käse kaufen zu können. Jedenfalls war der Kühlschrank nicht vorhanden, die Aussparung von ca. 60 x 60 cm im Einbauschrank war leer. Also baten wir an der Rezeption, uns doch einen zu bringen. Kurz darauf klopfte es an der Tür. Zwei Mädels schleppten einen kleinen Kühlschrank an, bei dessen ersten Anblick man allerdings schon weniger Lust verspürte, Lebensmittel darin zu lagern. Egal, jedenfalls versuchten sie dann, das Gerät in die entsprechende Aussparung hierfür zu stellen. Die Aussparung mit der Steckdose haben sie gleich gefunden, schon mal gut. Sie schoben den Kühlschrank also hinein – mit der Tür nach hinten. Nachdem wir sie darauf aufmerksam machten, ist es Ihnen auch aufgefallen. Gut, kann ja mal passieren. Kühlschrank also wieder raus und neu justiert. Diesmal mit der Tür nach oben. So langsam wurde es ein bisschen komisch. Ich meinte vorsichtig, dass man so die Tür ja aber auch nicht aufmachen könne. Oh ja, stimmt! Also wieder raus. Die beiden Damen standen unbeholfen mit dem Gerät in den Armen, drehten und wendeten es, um wohl nach der richtigen Ausrichtung zu suchen. Wir trauten unseren Augen bald nicht: konnte es wirklich sein, dass sie das nicht hinbekamen? Wir vermuteten schon versteckte Kamera à la Verstehen Sie Spaß oder ähnliches. Bevor das Teil dann zu fallen drohte, nahm Marcel den beiden den Kühlschrank letztlich ab.

Wir kamen häufiger in Situationen, ob es nun in Geschäften oder in Restaurants war, in denen wir das Gefühl hatten, dass alles ein wenig langsamer von statten geht. Und damit meine ich nicht, dass man sich langsam bewegt oder man langsam bedient wird. Wir fragten uns, ob sie sich ab und an einfach bewusst etwas begriffsstutzig stellen. Ein Vielreisender, den wir einige Zeit später trafen, erklärte dieses Verhalten mit mangelndem Selbstbewusstsein, welches aus der Geschichte resultieren soll. Tatsächlich wurde Kambodscha in seiner Vergangenheit ziemlich gebeutelt. Nach jahrelanger französischer Kolonialherrschaft folgten zwei Jahrzehnte Bürgerkrieg, Schreckensherrschaft durch die Rote Khmer und nach deren Entmachtung war das Land in vietnamesischer Besatzung. Erst seit 1993 hat Kambodscha eine neue Verfassung und wieder Monarchie, daher heißt es auch Königreich. Ganz bewusst und gezielt wurde währenddessen die intellektuelle Schicht der kambodschanischen Bevölkerung vernichtet, sodass diese nahezu gänzlich weggebrochen ist. Dass sich im Laufe der Jahre aus all diesen Erfahrungen ein gewisses devotes Duckmäuserverhalten sowie ein mangelndes Selbstbewusstsein entwickelt, ist vermutlich nachvollziehbar.


Bäderanlagen in Angkor Wat
Der Blick von Oben auf den Westeingang.


Im Osteingang von Angkor Wat hat man die Anlage fast für sich alleine 😉

Gleich an unserem zweiten Tag in Siem Reap machten wir uns auf die Suche nach Mieträdern. Zur ca. 6 km entfernten Tempelanlage soll man ganz gut auch mit Rädern hinkommen, und da wir ja gerne Rad fahren, bot sich das an. Auf Anraten suchten wir nach etwas besseren Mountainbikes, da die Strecke doch etwas länger war und die Straßenverhältnisse auch nicht die allerbesten. Im Nachhinein wären aber stinknormale Räder genauso gut gewesen wenn nicht gar besser: diese dünnen harten Sportsattel der Mountainbikes waren nach 2 Tagen über die Hoppelstraßen im Vergleich zu den breiten gemütlichen Stadtradsatteln doch richtig unangenehm!
Wie dem auch sei, nach gefühlten drei Stunden hatten wir alle möglichen Verleihe zu Fuß abgeklappert und endlich zwei passable Räder gehabt, sogar mit zwei von dreien funktionierenden Gängen. Wir machten uns also auf zum Ticketschalter. Wenn man das Ticket abends gegen 16 Uhr kauft, kann man noch am gleichen Tag zum Sonnenuntergang in die Tempelanlage rein, ohne dass dieser Tag bereits entwertet wird. Viel mehr aber auch nicht, gegen halb sieben schließen die meisten Tempel, spätestens um sieben.
Tickets gibt es für 1, 3 oder 7 Tage. Wir entschieden uns für den Mittelweg. Das waren 64 US $ pro Person. Hier muss man dazu sagen, dass Anfang 2017 die Eintrittspreise nahezu verdoppelt wurden, allerdings das erste Mal seit 20 Jahren, wenn ich richtig erinnere.
Da wir uns beim Sonnenaufgang direkt noch mit einem Pärchen aus Deutschland festquatschten, dämmerte es bereits, als wir uns auf den Rückweg machten, zusammen mit gefühlt tausend weiteren Mopeds und Autos. Nach ca. 30 min kommt man dann nach Siem Reap in den Stadtverkehr, und dann geht’s erst wieder so richtig los. Die ersten Stunden auf dem Rad dachte ich wieder, das überleben wir nicht. Wahnsinn, das muss man wirklich selbst erlebt haben! Eine riesige Kreuzung, mit Ampel. Hat man selbst grün, hat der von rechts oder links eigentlich ja rot. Egal, irgendwie fahren trotzdem immer alle gleichzeitig. Ganz oft kommt einem am Straßenrand oder auf dem Gehweg auch ein Moped entgegen.
Am Folgetag radeln wir nach einem typischen Frühstück – Reis oder Nudeln mit Gemüse und Ei – los zu den Tempeln. Erst jetzt wird uns klar, was wir davor theoretisch wussten: was für ein riesiges Ausmaß die Anlage hat und wie extrem weitläufig sie ist. Zu Fuß hat man hier kaum eine Chance! Da muss man dann die parkinternen Ritschkas nutzen, wenn man überhaupt irgendwas sehen will.

Phnom Bakheng ist ein begehrter Aussichtspunkt für Sonnenuntergang Anbeter.

Bayon Tempel, für uns der schönste.
Angkor Thom – Bayon Tempel bei Sonnenuntergang

Baphuon bei den Terrassen der Elefanten

Die Tempel haben unterschiedliche Entstehungsjahre bzw. wurden teilweise auch durch spätere Machthaber restauriert oder verändert. Dies erkennt man an der unterschiedlichen Beschaffenheit der Steine: manche sind wie durchlöchert, porös und abgerundet an den Ecken, andere sehen besser erhalten aus. Oft erkennt man auch, dass nach Zerstörung oder Zusammenfall auf den älteren Steinen einfach neu aufgesetzt wurde, und der Tempel so oder abgeändert wieder aufgebaut wurde.
Über einen konkreten Entstehungszeitpunkt ist man sich bis heute nicht so ganz einig. Irgendwann zwischen dem 10 bis 13. Jahrhundert. Ihren Ursprung verdankt die Tempelanlage aber wohl dem Reichtum des Khmer-Reichs, die sie durch intelligente Landwirtschaft und eines der ursprünglichsten und fortschrittlichsten Bewässerungswirtschaftssysteme der Menschheit erreichten. Der Haupttempel Angkor Wat selbst entstand wohl etwas später, während viele andere bereits restauriert wurden. Einst eine hinduistische Kultstätte, wandelte sie sich im 13. Jahrhundert nach und nach zu einer buddhistischen. Zu dem Zeitpunkt erst soll der Tempelkomplex auch den Namen Angkor Wat erhalten haben.


Ta Prohm – Wo sich die Natur ihr Recht zurück holt.



Wie alle liefen auch wir zuerst zum Haupttempel Angkor Wat, dem größten, nachdem die Tempelanlage ja auch benannt ist. Er ist beeindruckend, keine Frage. Aber er ist unserer Meinung nach nicht der schönste! Dennoch konnten wir hier zum ersten Mal erkennen, was für eine architektonische Meisterleistung man hier vor sich hatte. Nicht nur was Symmetrie und Ausrichtung der jeweiligen Anlagen anbelangt. Auch wenn viele Teile bereits in sich zusammen gefallen sind, und an vielen Wänden die Verzierungen und Steinarbeiten kaputt sind, kann man an sehr vielen Stellen immer noch sehr gut sehen, was für eine Wahnsinns Detailverliebtheit, Feinstarbeit und Geduld in den wunderschönen Steinarbeiten steckt! Die ganzen Verzierungen erstrecken sich jeweils über über den gesamten Tempel, und der ist wie gesagt sehr groß. Von den Wänden, Säulen bis zu den Decken war oder ist, je nach Betrachtungsweise, alles mit wunderschönen Arbeiten verziert, und hier und da kann man sie auch doch noch in ihrer Vollständigkeit bewundern!



Bedienstete beten in kleinen versteckten Kammern.

Extrem beeindruckend und nochmal ganz anders von seinem Erscheinungsbild her ist der Tempel Ta Prohm. Auch wenn Angelina Jolie in mehreren Tempeln als Laura Craft herumklettern durfte, wäre mir dieser wohl am ehesten im Gedächtnis geblieben – hätte ich den Film gesehen ;-). Zwischen den Steinen fühlt man sich noch mehr wie in einem mystisch verwunschenem Sagenwald! Hauptmerkmal sind die gigantischen uralten Bäume, deren mächtige Wurzeln sich im Laufe der Zeit ihren Weg über, unter und durch die Steine gesucht haben, wie dicke Wasseradern durch Felsgestein. Als ob sie das Gestein liebevoll umschlingen wollten. Teils ist das Holz auch bereits versteinert.
Natürlich fordert es auch seinen Tribut, der Natur freien Lauf zu lassen: die Tempel werden durch die Gewalt der Pflanzen auch zerstört, wenn sich die Wurzeln ihren Weg erbarmungslos durch Steine und Ritzen suchen, so dass an manchen Stellen Balken oder Wände regelrecht gestützt werden müssen. Manche Tempel werden auch restauriert, natürlich unter dem wachsamen Auge der UNESCO, bzw. sind bestimmte Teile gesperrt aufgrund Einsturzgefahr. Andererseits ist es genau diese Natürlichkeit, die diese Kulstätte ausmacht.

Ein weiterer Tempel, der nochmal durch seine Eigenheit und Besonderheit hervorsticht, ist der Bayon Tempel. Unserer Meinung auch mit der schönste Tempel. Umgeben ist er, wie einige andere Tempel auch, von einem künstlich angelegten Wassergraben, der einst wohl mal komplett herum ging.
Die Tempelanlage Bayon ist trotz ihres Alter, welches man unschwer an der Beschaffenheit der Steine erkennt, noch recht gut erhalten. Berühmt ist sie vor allem aufgrund ihrer meterhohen Türme, in deren Steine Gesichter eingemeißelt worden sind. Und wie gleichmäßig, faszinierend!

Kein ganz leichtes Unterfangen war es, mal ein Foto zu schießen, auf dem nicht gefühlt 1000 weitere Menschen mit drauf waren. Vor allem Chinesen. Sie machten es einem manchmal besonders schwer, und das offen gestanden nicht nur auf Grund ihrer Massen oder ihrer extremen Lautsärke,  mit der sie pausenlos zu palavern scheinen: ein Tourbus folgte dem nächsten. Meistens finde ich es amüsant, dass sie echt für jeden Mist zu haben sind, sich über alles freuen und über alles lachen können und es scheint, als seien sie tatsächlich für einfach alles zu begeistern. Aber so ein klein wenig fehlt hier das gewisse Taktgefühl. Will man ein Foto machen? Egal, einfach durchgelaufen. Rücksicht? Scheint ein Fremdwort zu sein. Oh, da ist eine Europäerin, cool, mal schnell ein Foto mit ihr gemacht. Um Erlaubnis fragen, Danke sagen – warum sollten sie. Es kam häufig vor, dass irgendwelche Chinesinnen oder Chinesen den Arm um mich legten, und ein Foto von uns gemacht wurde. Das ging so schnell, dass man es kaum mitbekam. An sich völlig in Ordnung, aber mit ein bisschen zwischenmenschlicher Kommunikation wäre es noch netter gewesen. In Indien würde man immerhin gefragt, und die Inder freuten sich dankend.
Allgemein sind die Besucherzahlen in den letzten Jahren überdimensional gestiegen. Das zeigen Statistiken, oder man unterhält sich mit Leuten, die einen solchen Narren an den Tempeln gefressen haben, dass sie schon zum 3. Mal dort sind 😉 Das haben wir gemacht. Die beiden waren das letzte Mal 2016 zu Besuch in Angkor Wat. Regelrecht schockiert seien sie darüber, wie viel mehr „auf einmal“ hier los ist. Das wiederum gibt einem auch ein wenig zu denken.

Die Tempelanlagen im Norden unterscheiden sich von den Hauptanlagen im Süden, Steine sind rötlicher und poröser.

Bewässerungsreservat in den Außenbereichen der Anlage

Wir haben nicht alle Tempel gesehen, das ist auch unserer Meinung nach weder möglich noch nötig. Bei einer Eispause im Schatten kamen wir zufällig mit einem Holländer ins Gespräch, der seit 15 Jahren Reisegruppen durch Angkor Watt führt. Er vertrat folgende Meinung: hat man Ta Phrom, Bayon und Angkor Wat gesehen, hat man eigentlich alle gesehen und die schönsten Tempel sowieso. Irgendwann gleichen sie sich dann doch. Also alles richtig gemacht 😉
Unser Fazit: zwei Tage sind an sich ausreichend. (Leider gibt es ja kein Zwei-Tage-Ticket.) Ist jemand historisch oder bauwerklich dermaßen interessiert – just go ahead! Aber man muss ja nicht immer zwangsweise alles bis ins kleinste Detail besichtigen, nur weil es irgendjemand mal in einen Reiseführer geschrieben hat und nur „wenn man schon mal da ist“. Dieses Checkliste abhaken hat unserer Meinung nach auch wenig mit Reisen zu tun, sondern eher mit einer gewissen Art von Zwang und macht auch nicht wirklich Spaß 😉

Nächster Stop auf unserer Route sollte Vietnam sein. Wir hatten überlegt, in diesem Land etwas länger als nur 1 oder 2 Wochen zu bleiben. Und das gleich aus mehreren Gründen: zum einen haben wir sehr viel Positives über Vietnam gehört. Zum anderen brauchten wir mal eine kleine Auszeit vom pausenlosen Hin und Her, fast täglichem Ein- und Auspacken, ständigem neu planen, recherchieren und kalkulieren. Wir hatten schon viel darüber gelesen, dass es durchaus auch irgendwann in Stress ausarten kann, gönnt man sich nicht zwischendurch mal „Urlaub vom Reisen“. Und ja, tatsächlich ist es ein bisschen so 😉 Und drittens wollten wir uns auch ein wenig Zeit lassen, um uns zu überlegen, wie es denn generell weiter gehen sollte: Bleiben wir noch in Südostasien, oder setzten wir doch schon nach Vietnam über auf den amerikanischen Kontinent? Und wenn ja, wann genau und wohin?
Bleibt also spannend – und gespannt waren wir nun erstmal auf Hanoi!

 

 

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