04.10.2017 Mittwoch, Shree Kharka – Ledar
Der Weg war die ersten Stunden relativ entspannt, man ging weder auf noch ab. Wir zogen vorbei an verlassenen Steinbehausungen, die Yak Herdenführer dazu nutzen, nachts ihr Vieh unterzustellen. Ein letzter Blick ins Manang Tal, bevor wir wieder gute 400 Meter absteigen müssen. Die Knie litten erneut unter der Belastung. Teilweise ist es einfacher, solch steile Passagen mit leicht angewinkelten Knien herunter zu „rennen“. So schont man seine Knie, da die Belastung nicht beim Abbremsen jeden Schrittes vom Knie abgefangen werden muss. Allerdings erfordert es auch ein hohes Mass an Konzentration, und man muss seine Geschwindigkeit im richtigen Moment – oder besser in der richtigen Kurve – drosseln. Andernfalls landet man mit dem nächsten Schritt im Abgrund. Marcel beherrschte diese Technik bald zur Perfektion. Teilweise sah man nur eine blaue Jacke mit dahinter liegender Staubwolke den Trail herunter sprinten.
Angela und Marco genossen ihr Downhill und waren uns dicht auf den Fersen. Im Tal angekommen ging es über eine kleine Hängebrücke, und auf der anderen Seite legten wir erstmal eine zweite Frühstückspause mit Yak-Käse und Chapati ein. Laut Rothe Wanderführer wäre die nächste Station Yak Kharka gewesen. Dies durchquerten wir jedoch und zogen bis Ledar weiter. Es zeigte sich hier ein almähnliches Plateau, das an Österreich erinnerte.
Blick von der Alm auf das Annapurnamassiv.
Die Painted Ladys von Ledar 😉
04.10.2017 Mittwoch, Ledar – Highcamp
Am nächsten Morgen hieß es dann nur noch zwei mal bergauf bis über den Pass. Erneut ging es vorbei an Landslide Areas, daher waren wir schon sehr früh gestartet. Heute stand uns nochmal ein heftiger Anstieg bevor, nämlich von 4200 m auf 4900 m. In dieser Höhe wird selbst ein Jackenwechsel schon zum Halbmarathon 😉
Zu Mittag machten wir Rast in einer der schönsten Lodges, in Thorung Phedi. Normalerweise sollte man Mittags vor einem großen Aufstieg nicht so schwer essen, aber dem Veg-Burger mit Pommes konnte Marcel nicht wieder stehen, die noch warmen Zimtschnecken lachten uns auch irgendwie an. Nach einer Stunde ausgedehnter Pause konnte man von Thorung Phedi aus das Basecamp schon fast riechen, wenn da nur nicht diese Steile Wand mit wieder unzähligen Serpentinen dazwischen wäre. Wir gingen los, und nach gefühlten 50 Metern war dann auch schon die Luft raus bzw. sehr dünn. Ab einer Höhe von 5000 m liegt der Sauerstoffgehalt bei nur noch ca. 50% und jede Bewegung wird zum Gewaltakt. Mir taten Angela und Marco richtig leid, die Räder musste die kompletten Höhenmeter getragen werden. Nach ca. 2 Stunden waren wir dann auf der letzten Station vor dem eigentlichem Ziel. Zum Glück waren wir so früh gestartet, sodass wir noch ein Zimmer erhielten und nicht die Passüberquerungsnacht im Dining Room verbringen mussten.
Lodge Highcamp
Am Basecamp selbst gab es noch einen kleinen letzten Akklimatisierungsanstieg auf eine Aussichtsplattform, von der man Chulu East und West bestaunen konnte.
05.10.2017 Donnerstag, Highcamp über Thorong la Pass – Muktinath
Die nächste schlaflose Nacht – war es die Aufregung? Ich glaube, es war einfach der Herzrhythmus, der vielleicht aus dem Takt gerät. Alles kostet unglaublich viel Energie und vor allem Luft. In dieser Nacht schnaufe ich glaube ich besonders viel ;-). Diana fror hingegen, trotz guter Daunenschlafsäcke. Die Temperatur in der Lodge lag bei ca. 5 Grad. Zum Frühstück um 4 Uhr entschieden wir uns diesmal für eine heiße Veg-noodle-soup, die hier echt richtig lecker war. Da der Weg über den Pass und weiter zum nächsten Zielort lang werden würde, nahmen wir uns als Proviant noch zwei Chapati mit cheese mit. Also Stirnlampe an und los ging’s! Völlig übermüdet setzten wir wie in Trance einen Schritt vor den anderen. Das Atmen wurde zu erst fokussiert, als zweites der Weg und zuletzt die Umgebung. Und die war mit dem Sonnenaufgang einfach gigantisch.
Es ist jeder Zeit mit Schnee zu rechnen!
Die Kälte und Anstrengung in dieser Umgebung sind außergewöhnliche Erfahrungen.
Die Landschaft wirkt bizarr.
Der Aufstieg kann sich je nach Kondition drei bis vier Stunden hinziehen. Jeder schnellere Schritt kostet eine weitere Minute Verschnaufpause. Hinter jedem Hügel hofft man, endlich angekommen zu sein. Es folgten etliche, ähnlich wie bei Tilicho Lake. Und der Pass wollte und wollte mal wieder nicht kommen. Als wir schließlich am letzten Hügel vorbei zogen und wir endlich die ersehnte bunte Fahnenwand des Passes erblickten, kam Energie und Wärme auf. Voller Freude verweilten wir etwa eine Stunde am Pass, tranken heißen Lemon Tee und machten viele Fotos.
„DA IST DAS DING!!!“ Wir haben’s geschafft!
Trotz ihrer monströsen Expeditionshandschuhe froren Diana wieder mal die Hände ab. Ist man nicht gerade in Bewegung, war es aber auch wirklich eisig. Die Sonne brauchte noch eine Weile, um ihre wärmende Kraft zu entwickeln.
Nun kommt leider der blutige Teil des Weges, der Abstieg. Wie heißt es immer so schön? „Runter kommen sie alle“, irgendwie. 1700 m nur bergab bis Muktinath, und das teilweise wieder richtig steil. Nach einigen Zwangspausen und schmerzverzogenen Gesichtern kamen wir endlich in Muktinath an.
Muktinath ist wie eine andere Welt. Auf der einen Seite sind wesentlich mehr Wandertouristen hier, aber auch unzählige Inder. Muktinath ist nämlich ein heiliger Pilgerort für Hindus. Hinduistische Pilger aus aller Welt waschen ihre Sünden unter 108 heiligen Kuhköpfen ab. Quasi direkt nebenan sitzt ein großer Buddha im Schneidersitz und schaut ins Tal.
Bob Marley Lodge – Rooftop Terrasse. Definitiv „the place to stay“, wenn ihr mal in Muktinath seid 😉
Blick in Herz der Lodge.
Der Eingang zum Hindutempel.
Pilgerstätte für Hindus
Die 108 heilige Quellen, die Kuhköpfe darstellen. Hier laufen die Pilger teils nackt oder in voller Montur durch. Die zaghaften bespritzen sich mit dem Wasser, aus jedem Kuhkopf!! Wir passen: Das Wasser ist einfach viel zu kalt 😉
Hinter diesen Hügeln liegt das verschlafene Mustang, gefolgt von Tibet und China.
Gemeinsam mit Angela und Marco feierten wir unseren Erfolg.
06.10.2017 Freitag, Muktinath – Kagbeni
Da die Nacht diesmal etwas kürzer ausfiel 😉 ging es heute erst um 8:30 Uhr weiter. Leider waren wir dann für den Weg nach Jomsom zu spät dran, denn ab 11 Uhr ziehen hier heftige Windstürme auf, in die man sich regelrecht hinein legen kann. Der Sand peitschte uns um die Ohren. So machten wir einen Nacht Zwangsübernachtung in Kagbeni. Und erlebten einen windigen Nachmittag 😉
Einwohner beim täglichen Treiben und Ankämpfen gegen den Wind.
07.10.2017 Samstag, Kagbeni – Jomsom – Tatopani
Um dem Wind diesmal besser zu entkommen, zogen wir am Folgetag schon sehr früh durch das Tal und erreichten rechtzeitig vor 11 Uhr Jomsom. In Jomsom fuhren wir dann wieder ein Teil des Treks mit dem Local Buss, da es für diesen Part keinen richtigen Trek mehr gibt und man sonst auf sandigen Jeeppisten mit viel Verkehr untwegs ist. Die Frage war dann nur, was besser oder schlimmer gewesen wäre: diese Piste zu laufen oder mit dem Local Bus zu fahren. In jedem Fall waren wir am Ende alle mal wieder heilfroh, unversehrt und an einem Stück am Zielort angekommen zu sein 😉 Allgemein hat sich der Verkehr ab Muktinath drastisch geändert, es ist einiges geboten auf der Straße.
Durch das Tal nach Jomsom: ab 11 Uhr wehen hier gefährliche Sandstürme.
Auch der Weg nach Mustang wurde mittlerweile von Chinesen ausgebaut. Aktuell werden noch 500 $ pro Permit für 10 Tage Mustang Tal verlangt. Ein Guide kommt noch hinzu, denn er ist vorgeschrieben (zusätzlich 50$ pro weiteren Tag). Ziel ist es, hiermit den Massentourismus etwas fern zu halten. Jedoch wird sich der Fortschritt nicht lange aufhalten lassen.
Leere Teerfässer aus China.
Manchmal ist auch der Weg etwas behaarlich 😉
So fuhren wir also die ca. 6 Stunden nach Tatopani (1160 Höhenmeter). Die Busfahrten mit dem Local-Bus gehören immer wieder zu den Highlights, so manche Eisenstange fliegt einem entgegen und so manchen Blick aus dem Fenster hätte man lieber sein lassen, gerade wenn man durchs tiefste Tal der Welt fährt. Zwischen Dhaulagiri und der Annapurna Kette. In Tatopani stoßen wir auch wieder auf Angela und Marco, die die letzten Etappen bergab sichtlich genossen haben 😉 für Sie heißt es weiter nach Pokhara. Für uns geht es nochmal 2000 Höhenmeter bergauf nach Poon Hill. Diese dreitägige Etappe gibt es im nächsten Beitrag für Euch.
Liebe Grüße
Diana und Marcel
Local-Bus Time 😉
Endlich wieder Aufstieg, im nächsten Beitrag!
Jenny 28. August 2019
Sehr schöne Story und intensive Fotos!