Mit dem Bus ging es morgens weiter nach Cartagena, genau genommen Cartagena de Indias. Der Name der ehemals spanischen Kolonie stammt von der spanischen Stadt Cartagena. Zur Unterscheidung wurde der Zusatz „de Indias“ angehängt. Die durch Web und Erzählungen hoch geschürten Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Cartagena ist wahrlich ein Augenschmaus: bunt, sauber, herausgeputzt, schick, fröhlich. Man hat Freude, insbesondere durch Getsamini und Centro Viejo (Altstadt) zu schlendern, mit die sichersten, schönsten und angesagtesten Viertel in Cartagena. Wir kamen ein kleines Stückchen weiter weg unter, in der Urbanización Espanola. In 15 min zu Fuß waren wir aber auch mitten in den hippen Stadtteilen sowie im Centro Viejo, das alte Stadtzentrum, dass die UNESCO 1984 zum Weltkulturerbe erklärte. Den karibischen Flair, den wir auf Kuba meist vergeblich gesucht haben, fanden wir in Cartagena.
Cartagena wurde 1533 als eine der ersten spanischen Kolonien gegründet und blühte aufgrund seiner Lage am Meer schnell zum wichtigsten Handelshafen Spaniens auf. Aus diesem Grund wurde Cartagena aber auch zunehmend Opfer von Piratenangriffen. Zum Schutz entstanden immer mehr Festungen, die ihren Sinn und Zweck erfolgreich erfüllten. Im 18. Jahrhundert sollen es an die 29 gewesen sein! Heute gilt Cartagena als Touri-Hochburg und ist die angeblich sicherste Stadt Kolumbiens mit dem höchsten Polizeiaufgebot. Allerdings auch nur im Zentrum und Getsamini. Ansonsten ist auch hier Vorsicht geboten. Crepes and Waffles in Cartagena!!!
Wir ließen uns drei Tage durch die bunten, meist mit Kopfstein bepflasterten Gassen treiben, entlang an wunderschönen und detailverliebten Fassaden und üppigem Blumenschmuck. An jeder Ecke finden sich zahlreiche hübsche und fein eingerichtete Boutiquen und Cafés.
Und doch gibt es noch zwei anders geartete Anekdoten, die ich immer mit Cartagena in Verbindung bringen werde: die Kakerlake, die mir eines Abends auf dem Heimweg irgendwo vom Baum auf die nackte Schulter gefallen ist, sowie die Katze, die mitten in der Nacht durch unsere Zimmerdecke brach. Die Kakerlake war schlimmer, da sie mir auf der blanken Haut herumkrabbelte und ich sie zunächst für ein Haar oder eine Mücke hielt. Bis Marcel mit weit aufgerissenen Augen über meine Schulter sah, schreiend und händefuchtelnd versuchte, das Ekel zu entfernen. Wenn einem so ein Vieh mal quer über den Rücken krabbelt wird’s einem ganz anders. Und die Dinger sind verdammt schnell.
Die Katze war besser! Als wir eines Abends unsere Zimmertür öffneten und das Licht einschalteten, fand ich auf meiner Seite des Bettes Bauschutt und Styroporreste, auf dem Boden daneben eine kaputte Styroporplatte. Die gesamte Zimmerdecke bestand aus diesen einfachen dünnen Platten, und aus einer Ecke war eine herausgebrochen. Wir dachten direkt an Einbrecher. Als wir gerade Pässe und Kreditkarten kontrollierten, die noch vollständig vorhanden waren, huschte ein dunkler Schatten in Windeseile unter dem Bett hervor und floh durch die noch offene Tür. Es ging so schnell, dass wir gar nicht wirklich erkennen konnten, was genau es war. Als ich meine Bettseite aber etwas genauer inspizierte und die Katzenhaare entdeckte, war es klar: schon mehrfach hatte ich nachts Geräusche über der Zimmerdecke gehört, in der Annahme, es wären Ratten oder ähnliches. Unser Gastgeber bestätige uns später, dass dort oben öfter Katzen herumstöberten, und eine davon muss wohl durch die nachgebenden dünnen Styroporplatten durchgebrochen sein. Wären wir die Nacht früher zurück gekommen, wäre sie mir vermutlich direkt ins Gesicht gefallen. Fragt sich nur, wer sich in dem Moment mehr erschrocken hätte 😉
SPEKTAKULÄRE AUSREISE AUS KOLUMBIEN
Nach ein paar schönen Tagen in Cartagena wollten wir also weiter nach Peru. Und zwar direkt. So war zumindest der Plan. Aber wie so oft …
Es fing damit an, dass wir am Abflugtag viel zu knapp am Flughafen in Cartagena ankamen. Üblicherweise sind wir immer überpünktlich, aber diesmal hatten wir uns auf unseren Gastgeber verlassen. Ein Fehler, wie sich herausstellte: er hatte es versäumt, seine Zusage einzulösen und uns am Vorabend ein Taxi zu bestellen. TIP: In Südamerika übernimmt man organisatorische Dinge doch lieber selbst, verlasse Dich nie auf mündliche Aussagen anderer und kontrolliere besser nochmal nach. Wir sprechen aus multiplen Erfahrungen!
Beim Check-In erfuhren wir dann, dass wir die Ausreise aus Peru nachweisen müssen, also Belege einer Aus-/Weiterreise per Bus oder Flug Vorzeigen müssen. Hatten wir aber nicht. Denn: in Asien hatten wir jedesmal diese Belege parat, sobald auf der Seite des Auswärtigen Amts davon die Rede war. Bisher hatte das niemals irgendjemanden interessiert! Außer in Kuba, was ja ohnehin ein Ausnahmefall ist. Warum also ausgerechnet für Peru!? Und doch: ohne entsprechenden Beleg würde sie uns nicht einchecken. Alles Bitten half nichts, die Frau hatte einen richtig miesen Tag oder konnte uns einfach nicht ausstehen. Es waren noch fünf min bis zum Closing des Check-In. Wir sollen uns doch schnell einen Bus aus Peru heraus buchen. Ja, ohne kolumbianische SIM Card wird das aber schwierig. Beim Café gegenüber gäbe es WLAN. Also rannten wir dorthin und ich bat die Kassiererin um das Passwort, wollte auch dafür zahlen. Aus irgendeinem Grund war ihr das aber nicht möglich. Da schob uns der nette ältere Herr, der eben seinen Kaffee zahlte, lächelnd seinen Kassenbon mit dem Passwort zu. Der Count Down lief: noch zwei min. Hektisch suchten wir nach irgendeiner Busverbindung aus Peru heraus. Für Eingabe von Kreditkartennummer etc. war es nun auch schon zu spät. Intuitiv machte Marcel ein Bildschirmfoto von einer angegebenen Verbindung und wir beteten. Unser „Beleg“ zeigte weder Name noch Buchungscode. Aber wir hatten Glück: Es reichte wundersamerweise zum Einchecken. Merke: mindestens für Peru und Argentinien muss man bei Einreise die Ausreise nachweisen können.
Als ob der Start in diesen Tag nicht schon aufreibend genug gewesen wäre, hielt er noch weitere Überraschungen für uns bereit. Die Flugverbindung sollte über Bogota weiter nach Lima, Peru gehen. In Bogota hatten wir an die fünf Stunden Aufenthalt, eigentlich. Nachdem wir uns im Duty Free Shop mal wieder mit dem einen oder anderen Duft vollgesprüht hatten (mal wieder richtig gut riechen ;-), saßen wir gerade gemütlich an unserem Gate, als ich die Durchsage vernahm: unser Flug nach Lima ist gecancelt. Aus Wartungsgründen! Natürlich gab es die Durchsage nur auf Spanisch. Für mich ok. Die meisten ausländischen Passagiere haben das vermutlich erst sehr viel später durch Nachfragen erfahren, als sie sich bereits wunderten, ob der Flug verspätet sei. Bisschen schwach für einen nicht so kleinen Flughafen.
Nachdem die Passagiere mit flüchtigen Halbaussagen und Herumlaufen hingehalten wurden, übte die Meute einen riesen Aufstand. Hier sprühte es nur so von Latino-Temperament! Die Luft bebte, die Meute tobte und ließ in lauten Sprechchören den Geschäftsführer von Viva Colombia herzitieren. Vergebens. Die Anspannung wurde immer spürbarer und ich befürchtete fast schon Handgreiflichkeiten. Man durfte wählen, ob man sich die Flugkosten erstatten oder sich auf einen Alternativflug umbuchen läßt. Die Verbindung Bogota-Lima wird von Viva Colombia nur 1x am Tag bedient. Wir entschieden uns fürs Umbuchen, da andere Flüge so kurzfristig im Vergleich einfach viel zu teuer waren. Leider war die Maschine für den Folgetag bereits voll, zu dumm, stand ich wohl zu weit hinten in der Schlange! Also mussten wir zwangsweise zwei weitere Nächte in Bogotá bleiben, worauf wir so überhaupt keine Lust mehr hatten. Wenigstens hatten wir nichts vorgebucht. Es gab Gäste, die direkt einen Weiterflug nach Cusco und bereits eine Macchu Picchu Tour gebucht hatten. Alles verloren, hier wird nichts ersetzt. Einziger Lichtblick für uns: wir durften zwei Nächte im Novotel absteigen, mit beeindruckendem Frühstück und relativ großem Fitnessraum. Wochenende also irgendwie doch ein bisschen gerettet.
Nach zwei ungeplanten „Luxusnächten“ waren wir dann wieder mal am Flughafen in Bogotá und bereits im Bus unterwegs auf dem Rollfeld Richtung Flugzeug. Kurz davor blieb der Bus stehen. Aus 5 min wurden 10, dann 15, dann 20, wir lachten schon und witzelten mit flauem Gefühl, der Bus wird ja jetzt wohl nicht zurück fahren. Und ganz selffulfilling prophecy like setzt sich der Bus in Bewegung, machte kehrt und karrte uns zurück zum Flughafengebäude! Wieder rebellierte die Menge, wir konnten langsam nur noch lachen. Würden wir so jemals nach Peru kommen?
Es gäbe wieder mal Wartungsprobleme, na prima, höchst vertrauenswürdig! In ca. 30 min wird man uns sagen können, ob das Problem behoben werden konnte. Gute 30 min später genau die gleiche Aussage. Das Prozedere wiederholte sich einige Male, zwischendurch wollte man uns mit Chips und Saft ruhig stellen. Gute drei Stunden später teilte man uns erleichtert mit, der Flug könne nun doch ausgeführt werden. Allerdings wurden wir zu einer anderen Maschine gefahren – Gott sei Dank!, in die erste wäre ich nämlich ganz sicher nicht mehr eingestiegen. Nervlich erschöpft aber doch zufrieden waren wir nun endlich auf dem Weg zu unserem nächsten Zielland Peru.
Fazit zu Kolumbien: Land und Leute sind in jedem Fall eine Reise wert! Wir haben uns allgemein sehr wohl und auch sicher gefühlt. Die Besucherzahlen steigen jährlich, in Städten wie Bogotá gibt es auch relativ hohes Polizeiaufgebot. Es ist eigentlich wie immer: wenn man sich ein wenig umhört und die Ratschläge der Einheimischen beachtet, und schlichtweg ein klein wenig Menschenverstand an den Tag legt, ist man relativ safe. Pech kann man leider überall auf der Welt mal haben.