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an adventure story

Myanmar – Mandalay

Mandalay

Als wir unsere Reise im September 2017 antraten, war auf Grund der Unruhen um die muslimische Gruppe der Rohingya noch nicht so ganz sicher, ob wir nach Myanmar einreisen würden. Letztlich ist unsere geplante Reiseroute Mandalay – Bagan – Nayan Shwe (Inle Lake) – Yangon aber nicht betroffen gewesen.

Myanmar steht im Zeichen des Wandels. Überall spürt man die Umbruchstimmung: es wird viel gebaut, schneller Fortschritt und Moderne treffen auf Ursprüngliches und noch teilweise Unterentwickeltes. Myanmar (oder auch Burma bzw. Birma vor seiner Umbenennung 1989) hat sich erst vor ca. 10 Jahren so richtig für den Tourismus geöffnet. 2011 erwartete man Massenanstürme an Touristen wie in Thailand. Leider hat sich diese Befürchtung bewahrheitet. Dennoch gibt es immer noch Gebiete, die für Touristen nicht bzw. nur mit gesonderter Genehmigung zugänglich sind: die sogenannten restricted areas. Betrachtet man die Karte von Myanmar, betrifft das nach Augenmaß ungefähr die halbe Fläche des gesamten Landes. Es gibt zwar immer mal wieder ganz besonders Abenteuerdurstige, die einen Weg dort hinein suchen und finden, sie riskieren damit aber auch bis zu mehreren Wochen Gefängnisstrafe. „Ein kalkulierbares Risiko“, wie ein Mitreisender aus Polen meinte, mit dem wir uns die Rikscha vom Flughafen in die Stadt teilten. Wer es braucht 😉

Unsere erste Station in Myanmar war Mandalay. Da offensichtlich jeder etwas anderes darüber weiß, welches nun die Hauptstadt von Myanmar ist, möchten wir ein klein wenig ausholen. Mandalay war die letzte königliche Hauptstadt des birmanischen Königreichs und ist heute nach Rangun (Yangon) zweitgrößte Stadt Myanmars. Nach ihrer Eroberung 1885 durch die Briten wurde Rangun zur Hauptstadt ernannt. 2005 wurde Rangun abgelöst und der Regierungssitz nach Naypyidaw verlegt. Touristen wie Einheimische verschlägt es in die neue Hauptstadt weniger, auch wir haben darauf verzichtet. Die oft auch als Geisterstadt bezeichnete Stadt gilt als Symbol der größenwahnsinnigen Militärmacht. Streckenweise bis zu zwanzigspurige Straßen, riesige Einkaufszentren und monumentalistische Gebäude zieren das Stadtbild, in der angeblich 9 Mio. Einwohner leben sollen. Diese scheinen sich jedoch ständig zu verstecken. Die Stadt ist konstant gähnend leer, daher auch der Beiname Geisterstadt. Jedenfalls gibt es seit 2016 in Myanmar nach fast einem halben Jahrhundert Militärherrschaft erstmals wieder eine gewählte Regierung.

Als wir erstmalig durch die Straßen Mandalays schlenderten, kamen relativ schnell Erinnerung an Indien hoch. Es war nicht ganz so voll, laut und schmutzig, aber nach Thailand ging es doch wieder ein ganzes Stück in diese Richtung. Was zum Teil sicher damit zu erklären ist, dass Myanmar sich innerhalb der letzten paar Jahre sehr schnell – wohl zu schnell – sehr stark entwickelt hat, da kommt verständlicherweise eben nicht alles gleich schnell mit. Und natürlich ist Myanmar auch einfach noch nicht ganz so weit touristisch erschlossen wie bspw. Thailand oder Vietnam.
Auch die Verkaufs- und Geschäftstüchtigkeit der Burmesen steht der der Nepali, Thai und Inder in nichts nach. Ganz besonders im Gedächtnis bleiben wird uns unser Taxifahrer-Freund, der bei unserer Unterkunft um die Ecke auf Kundenfang ging. Es war so wie in „Täglich grüßt das Murmeltier“: jedes Mal, wenn wir an ihm vorbeiliefen – und das war mindestens zweimal am Tag – bot er uns seine Dienste an. Er: Taxi? Taxi? Wir: No thanks. Er: Tomorrow? Wir: Maybe. Dieser Dialog wiederholte sich wie gesagt 2 bis 3 mal täglich. Sogar als wir mit geliehenen Fahrrädern vorbei fuhren!
An sich müsste er uns ja wieder erkannt haben, als Backpacker hat man ja auch mindestens mal 3 Tage das Gleiche an 🙂 Da wundert man sich schon ein wenig. Auf jeden Fall hat er aber zu unserem täglichen Amüsement erheblich beigetragen!
Auffallend waren auch die traditionelle Bekleidung und Gesichtsbemalung der Burmesen. Männer wir Frauen trugen die sogenannten Longyis, eine Art Wickelrock, den man sich vorne zubindet. Sehr praktisch und komfortabel bei der Hitze. Im Gesicht, meist auf den Wangen, hatten überwiegend Frauen und Kinder eine ockerfarbene Paste aufgetragen. Thanaka wird sie genannt und aus geriebener Baumrinde des indischen Holzapfelbaums gewonnen – was es nicht alles gibt. Abgesehen davon, dass die Burmesen diese Art von Schminke einfach hübsch finden, soll die Paste angeblich gegen Hautalterung und UV-Strahlung schützen sowie eine kühlende Wirkung haben. Das musste ich natürlich recherchieren, und anscheinend konnte tatsächlich eine solche Wirkung labortechnisch nachgewiesen werden. In Thailand haben wir das auch gesehen, hier war es aber nicht ganz so verbreitet wie in Myanmar. Selbst ausprobiert haben wir es nicht. Zum einen hätte ich es an mir persönlich nicht ganz so hübsch gefunden, zum anderen hat die Paste entsprechend dem asiatischen Schönheitsideal natürlich auch eine leicht aufhellende Wirkung. Das war überhaupt eine richtige Herausforderung: finde mal in Asien Creme oder generell Kosmetik, die NICHT whitening ist! Fast ein Ding der Unmöglichkeit. Selbst DEOs sind teils whitening, als ob die Asiaten sich ständig gegenseitig unter die Achseln sehen würden!? Im Body Shop wurde ich letztlich fündig.



Longyis für Mann & Frau.

Unschöne Erinnerungen erweckte auch eine Angewohnheit der Burmesen, welche zu meinem Leidwesen viele andere Völker in Asien auch haben: dieses Rumgespucke und Rumgerotze. Männer wie Frauen! Daran werde ich mich nie gewöhnen können und ich werde es auch immer ekelhaft finden, ist mir völlig gleich was für eine kulturelle oder religiöse Tradition dahinter stecken mag.
Wenigstens rotzen sie einem nicht direkt vor die Füße! Wenn sie die Rotze gerade aus den Tiefen ihres Rachens hoch gezogen haben und Du halt doch gerade an Ihnen vorbei läufst, dann halten Sie sie erstmal drinnen, und spucken sie erst hinter Dir aus. Ganz nett oder?! Taxifahrer spucken übrigens auch während der Fahrt. Da wird dann mal kurz die Tür aufgehalten und auf die Straße gerotzt. In Myanmar kommt zu allem Übel noch hinzu, dass sie nicht nur „normal“ rotzen und spucken, sondern manchmal auch noch rot! Das liegt an der Betelnuss – noch nie im Leben zuvor hatten wir davon gehört. Eine Nuss, die sie zerkleinern und in das Betelblatt legen, welches sie davor mit einer Kalklösung bestreichen. Da dies bitter schmeckt, werden auf Wunsch manchmal noch Zimt oder andere Gewürze hinzugefügt. Das Ganze wird dann stundenlang gelutscht und gekaut, und irgendwann spucken sie diese rote Flüssigkeit, die dabei entsteht, dann aus. Die Betelnuss soll eine beruhigende und wohl auch antiseptische Wirkung haben, und soll den Lutscher in einen Zustand des Wohlbefindens versetzen. Es wird angeblich auch oft gegen Kopf- und Zahnschmerzen eingesetzt. Ich hab mich lange gefragt, was diese ganzen roten Flecken auf der Straße sollen, und warum die Leute manchmal rotes Zeug spucken. Ich befürchtete schon, sie spucken Blut! Die offensichtlich gar nicht so schlechte Nuss hat leider auch eine färbende Wirkung: so hinterlässt sie häßliche rote Zähne. Bei einem netten Lächeln wünscht man sich dann manchmal, dass sie einfach ein bisschen weniger lächeln. Probiert haben wir die Nuss nicht. Ich muss aber auch nicht alles probieren.
Eine andere Tradition, die Zähne betrifft, ist das Schwarzfärben. Die Tradition stammt vom Volk der Ann aus dem Osten Myanmars. Früher galt es als schön, wenn junge Frauen sich die Zähne schwarz färben. Glücklicherweise stirbt diese Tradition angeblich langsam aus. Nur einmal habe ich auf einem Markt eine ältere Frau mit solchen Zähnen gesehen. Die Arme kann ja aber letztlich auch nichts dafür.

Das nächste, was uns auffiel, war der Verkehr. In Myanmar herrscht nämlich Rechtsverkehr. Warum, wenn Myanmar bis 1948 britische Kolonie war? Außerdem haben die meisten Fahrzeuge das Lenkrad trotzdem rechts. Hinzu kam, dass wir uns nach wochenlangem Linksverkehr in Nepal, Indien und Thailand erstmal wieder umstellen mussten. In jedem Fall gibt es Rechtsverkehr in Myanmar seit 1970. Warum weiß man nicht genau, einer Legende nach hatte ein ehemaliger Staatschef aufgrund einer Weissagung, er würde auf der linken Straßenseite sein Leben verlieren, spontan diese Änderung beschlossen. Deshalb und da hier viele Autos aus asiatischen Ländern importiert werden, in denen Linksverkehr herrscht, ist das Lenkrad oft rechts. Myanmar überschüttet einen also direkt zu Beginn mit einer Menge interessanter Eigenheiten 😉

Wir beschlossen wieder mal, die Stadt mit dem Rad zu erkunden, was sich erneut als  waghalsig bis lebensmüde erwies. Zunächst ging es zum Königspalast, der im Zentrum Mandalays liegt, umgeben von einem riesigen Wassergraben. Nachdem man seine mittlerweile 10.000 Kyat p. P. gezahlt hat – umgerechnet ca. 6 EUR – durfte man die 4 Quadratkilometer große Militärgelände betreten. Im Grunde genommen darf man auf den größten Teil der Fläche gar nicht drauf. Die Palastanlage mit ihren zahlreichen Tempelgebäuden befindet sich auf begrenztem Raum in der Mitte der Anlage, die Grünflächen außenherum sind tabu, es steht auch überall Militär zur Bewachung. Die Tempelanlage, die wie in Burma oft fast ausschließlich aus Holz errichtet wurde, ist im 2. Weltkrieg nahezu vollständig abgebrannt. Zwangsarbeiter durften sie dann wieder aufbauen bzw. rekonstruieren. Mittlerweile sind Gelände samt Gebäude ziemlich zugewuchert und verkommen. Es sah sicher mal hübsch aus, da alle Tempel mit Holzschnitzereinen versehen sind. Unserer persönlichen Meinung nach, die sich mit der vieler Besucher deckt, hat man aber so rein gar nichts verpasst, wenn man hier nicht gewesen ist. Wir waren – nett ausgedrückt – etwas überrascht.





Weiter ging es zum Mandalay-Hill, der sich mit knapp 230 m hinter dem Köngispalast erhebt und nachdem übrigens auch die Stadt benannt ist. Ganz oben thront die Sutaungpyei-Pagode, zu der mehrere überdachte Treppenaufgänge nach oben führen – an die 900 Stufen angeblich (haben nicht nachgezählt). Von hier aus hat man dann einen Panoramablick über die Stadt und den Königspalast. Auf dem Weg dorthin kommt man durch zahlreiche kleine Tempel und Pagoden und somit an vielen vielen Buddhas vorbei. Mittlerweile gibt es auch eine asphaltierte Straße, vermutlich für die China-Busse. Wir entscheiden uns für die Stufen, auch wenn das noch mehr Schweiß bedeutet und auch ab und an Tuchfühlung mit irgendwelchem Kriechzeug. Denn wie in Indien und Thailand darf man auch hier die heiligen Flächen nur barfüßig betreten – und es war wieder mal alles andere als nur staubig, wenn auch nicht ganz so schlimm wie in Indien. Nicht selten trat man auch in etwas Feuchtes, was ganz bestimmt nur Wasser war, und nicht Hundepisse oder Betelnussspucke. Auf dem Weg nach oben begleiten einen zahlreiche Essensgelegenheiten, von denen einem der Hunger aber eher vergeht, viele kleine Shops und Stände, die unnützes Zeugs anpreisen, sowie einer Art Anlage, die speziell für Fotos von Liebespaaren hergerichtet wurde. Wir dachten zuerst, wir sind in einem Freilichtpuff! Am Wegesrand gab es bunte und kitschig verzierte Sitzecken, mit großen Herzen und Plastikblumen, ein etwas grotesker Anblick. Angeblich kommen hier Paare von weit her um ganz tolle Fotos von sich machen zu lassen. Interessant fand ich persönlich auch die Beobachtung, dass viele Jugendliche hier einfach in ihrer Freizeit hochlaufen. Vermutlich weniger aus religiösen Gründen – denn der Mandalay-Hill galt über zwei Jahrhunderte lang als bekannte Buddhisten Pilgerstätte – sondern eher, um dort „abzuhängen und zu chillen“. So saßen oder lagen sie irgendwo am Treppenrand, hörten Musik, quatschten oder dösten in der Hitze. Was hier und in ähnlich warmen Ländern sowieso die Hauptbeschäftigung der meisten Menschen zu sein scheint – schlafen. Man kann es Ihnen bei den feuchtwarmen Temperaturen fast nicht verdenken.




Liebesnest für die ganz besonderen Momente 😉


Ausblick vom Mandalay-Hill.


Quasi um die Ecke am Fuße des Mandalay-Hills liegt die Kuthodaw-Pagode. Sie besteht aus 729 kleinerer weißer Stupas, also Tempeln, und jede Stupa beherbergt eine ebenfalls weiße Marmorplatte. Auf diesen sind das Leben und die Lehren Buddhas verewigt, der sogenannte Pali-Kanon. Die einst vergoldeten Schriften sind mittlerweile nur noch schwarz eingefärbt. Die Pagode wird auch als „das größte Buch der Welt“ bezeichnet und wurde von der UNESCO in die Liste der Weltdokumentenerben aufgenommen.



Das größte Buch der Welt – die Lehren Buddhas.

Wenn auch jedes Land seine speziellen kulinarischen Besonderheiten hat, ähnelt sich das Essen im asiatischen Raum in seinen Grundzügen. Sprich Gemüse bzw. Salat oder Kräuter, Fisch und Fleisch, meist in suppenähnlichen Gerichten, Nudeln oder Reis bzw. Nahrungsmittel auf dieser Basis. In Myanmar besteht eine landestypische Mahlzeit aus mehreren kleinen Schüsseln. Man wählt ein Hauptgericht, meist eine Art Curry z.B. Gemüse oder Fleisch (Pork, Chicken, Beef). Dazu bekommt man eine Vielzahl an weiteren Schüsseln auf den Tisch gestellt mit Gemüse, oft auch Rohkost, in der Regel Gurke, Karotte und Okraschoten, getrockneten Fisch, Nüssen, Sojabohnen und meist noch eine kleine Suppe. Zum Trinken stehen in den einheimischen Restaurants meistens Teekannen mit grünem Tee auf den Tischen bereit, die quasi dazu gehören. Ich bin überzeugt davon, dass sie zusammen mit dem Reis das hot & spicy neutralisieren sollen, vor allem wenn man mal wieder zu viel Chilli in seinem Essen hat, weil man vergessen hat, „not spicy“ zu bestellen. Den Tee kann man normal auch bedenkenlos trinken, das Wasser war ja gekocht, zudem wird in der Regel auch an Straßenimbissen „purified water“ zum Kochen und Salat waschen verwendet. Wir haben – außer in Indien – in allen weiteren Ländern oft an Straßenimbissen gegessen, u.a. Frische Kräuter und Salat, völlig ohne Probleme. Vielleicht waren wir dann aber wirklich schon etwas abgehärtet, wer weiß das schon so genau. Gebratene Nudeln oder Reis gibt es natürlich auch an jeder Ecke.


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