SAN PEDRO DE ATACAMA UND DIE TROCKENSTE WÜSTE DER WELT
Es war bereits Mittag und brüllend warm, als wir San Pedro de Atacama erreichten. San Pedro liegt zwar keine 100 km von der bolivianisch chilenischen Grenze entfernt, die Chilenen jedoch sind äußerst gründlich, wenn es um ihre Grenzkontrollen geht. Es darf nichts Frisches oder Rohes mit gebracht werden, also kein Obst, Gemüse, Schinken, auch Honig wird einbehalten, da er als rohes Lebensmittel gilt. Besonders kritisch sind wie immer Cocablätter oder CocaTee. Teilweise mit Hunden wird das komplette Gepäck auseinandergenommen. Natürlich hängt es auch immer davon ab, wen man da gerade vor sich stehen hat und wie dessen Tag bisher so war.
Endlich im überschaubaren San Pedro angekommen, das übrigens ausschließlich aus sandigen Straßen besteht, machten wir uns erstmal auf die Suche nach einer Bleibe. Wir wussten, dass Chile zu den teureren Ländern Südamerikas zählt und auch, dass San Pedro aufgrund seiner Monopollage in der Atacamawüste – übrigens die trockenste Wüste der Welt! – nochmal extremer sein würde. Trotzdem wurden wir überrascht: San Pedro ist mit Abstand der absolute Spitzenreiter. Eine Nacht in einem zwar sauberen, aber einfachem und wirklich nicht besonderem Doppelzimmer etwas am Rande des Ortes erhält man nicht unter 50 USD. Ohne Frühstück versteht sich. Ein Bett in einem 8 oder 10 Dorm findet man kaum unter 15 USD. Für ein Langzeitreisendenbudget schlägt das ganz schön zu Buche. Nachdem wir diesen ersten Schock verdaut hatten, stellten wir aber fest, dass wir es recht gut getroffen hatten: neben einem hübsch begrünten Innenhof mit gemütlichen Sitzgelegenheiten fanden wir hier die sauberste Küche vor, die wir jemals in einem Hostel angetroffen hatten.
Unser Kommentar zum Biken in der trockensten Wüste der Welt…
Wir hatten 5 Tage Zeit, bevor unser Flug von Calama nach Santiago de Chile ging. (In Calama liegt der nächste Flughafen, ca. 1 Std. Von San Pedro entfernt). Als wir uns näher mit den Ausflugsmöglichkeiten beschäftigten, kamen uns Zweifel, ob wir hier eigentlich so sehr viel anderes sehen würden als im Süden Boliviens?! Am zweiten Tag mieteten wie uns Mountainbikes, um durch „La Garganta del Diabolo“ und einen Teil des „Valle de La Luna“ zu fahren, eine der Hauptattraktionen in der Atacama Wüste. Im Nachhinein betrachtet haben wir uns aber gewiss nicht das radfreundlichste Tal ausgesucht, denn es war erwartungsgemäß doch ziemlich unangenehm. Wir fuhren gefühlt durch einen Freiluftbackofen, ein wenig Schatten fand man wenn überhaupt in der Teufelsschlucht. Die einzige Abkühlung, die sich einem bot, waren zwei oder drei Flüsse, die man durchqueren musste und dabei mindestens knöcheltief im Wasser stand. Wind wünschte man sich weniger, war dieser doch alles andere als erfrischend. Was bekommt man zu sehen? Insbesondere Wüste, Sand, Felsen und Gesteine, weit und breit, am Horizont sandige Hügel, karge Bergketten und Vulkane. Die Aussicht ist durchaus beeindruckend, jedoch unterscheidet sie sich unserer Meinung nach wenig von dem, was man im Süden Boliviens betrachten kann. Abends überlegen wir lange, ob wir noch weitere Ausflüge machen sollten. Was würden wir sehen? Wüste, noch mehr Vulkane, Lagunen und Geyzire, die aussagegemäß auch noch kleiner seien als die in Bolivien.
Nichts als Staub und kein Schatten!
Wir entscheiden uns dagegen, machen noch zwei entspannte Arbeitstage in unserer kleinen Oase am Rande der Stadt und genießen noch das irre gute Eis, welches wir in der kurzen Hauptstraße San Pedros entdeckt haben.
Übrigens waren wir auch hier mit unserer Empfindung über die Atacama Wüste nicht alleine. Wir trafen sogar Reisende, die direkt nach Santiago de Chile durchgereist sind. Dies ist auch verständlich, meinen wir. Man zahlt in Chile für ein ähnliches Erlebnis wie in Bolivien um ein unverhältnismäßiges Vielfaches mehr. Es kommt sicherlich immer darauf an, was man zuerst gesehen hat. Besucht man zuerst oder auch nur die Atacama Wüste, ist es ohne Zweifel ein ebenso überwältigendes Erlebnis, wie die Landschaft im Süden Boliviens zu bestaunen. War man allerdings in Bolivien zuerst, ist man von Atacama, da sie ja auch so extrem beworben wird, ehrlich gesagt ein wenig enttäuscht. Vermutlich liegt es aber genau daran: Chile ist eines der größeren und wirtschaftlich stärkeren Länder Südamerikas und versteht sich wesentlich besser darin, Tourismusmarketing für sich zu betreiben als der kleinere und ärmere Nachbar Bolivien. Mit Ausnahme vom Titicacasee, aber der liegt ja auch zur Hälfte in Peru. Wer hat denn, wenn er sich nicht mal intensiver mit einer größeren Südamerika Reise auseinander setzt, schon mal etwas von der Salar de Uyuni und der traumhaften Vulkan- und Wüstenlandschaft im Süden Boliviens gehört? Vermutlich wenige. Und wer hat nicht schon mal etwas von der Atacama Wüste gehört?
Unser Fazit: Natürlich muss hier jeder seine eigene Entscheidung treffen, und zu sagen, die Atacama Wüste könne man sich sparen, ist sicher auch nicht richtig. Dennoch empfehlen wir, wenn man schon mal dort in der Ecke ist, sich auf jeden Fall AUCH Bolivien anzuschauen. Und ggf. seinen Aufenthalt in San Pedro de Atacama lieber ein wenig zu verkürzen.
CALAMA – DIE GRÖßTE FREILICHT-KUPFERMINE DER WELT
Da wir in San Pedro also zügiger durchwaren, als erwartet, hatten wir noch zwei Tage bis zu unserem Flug nach Santiago de Chile zu überbrücken. Wir entscheiden uns, diese in Calama zu verbringen, von wo aus dann der Flug gehen würde. Calama selbst ist überaus unattraktiv. Es gibt aber einen Grund, für den es sich trotzdem lohnt, wenn man etwas Zeit hat oder sich speziell dafür interessiert: Chuquicamata, die größte Kupfermine der Welt. Sie gehört zur CODELCO Gruppe, ein chilenischer Kupferbergbau-Konzern und der größte Kupferproduzent weltweit. Marcel ist bei einer unserer Internetrecherchen darüber gestolpert. CODELCO bietet täglich kostenlose Führungen an, die in der Regel einen Nachmittag lang dauern, und für die man sich zwei bis drei Tage zuvor per Email anmelden muss. Es war durchaus beeindruckend, so etwas mal zu sehen, selbst für mich 😉 Und wenn man mal vor einem dieser unvorstellbar gigantischen Großmuldenkipper steht, wie diese Minenfahrzeuge im Fachjargon heißen, wird einem ganz anders. Die über 3.600 PS starken Maschinen haben ein max. Einsatzgewicht von über 600 Tonnen.
Direkt neben der Mine liegt die sogenannte „Geisterstadt“ Chuquicamata. Bis vor 10 Jahren lebten hier die Arbeiter der Minen. Sie waren infrastrukturell bestens versorgt: Es gab alles, über Schulen, Krankenhäuser, Kinos, Bibliotheken, einzig eine Universität fehlte. Auch finanziell wurde der Arbeiterschaft viel geboten: Haus oder Wohnung, auch Strom und Wasser wurden gestellt. 2008 wurde die ehemalige Minenstadt quasi evakuiert, angeblich gab es gesundheitlich gefährdende Verunreinigungen des Trinkwassers durch die Mine.
Ab 2019 wird der Kupferabbau unter Tage verlegt. Seit über 10 Jahren bereits ist das unterirdische moderne Tunnelgeflecht im Bau, 2019 wird umgestellt. Die Großmuldenkipper sind in ihrer Wartung dermaßen kostspielig, dass sich der Tagbau wirtschaftlich nicht rechnet. Sowohl die Mine als auch die Geisterstadt sollen jedoch bestehen bleiben und auch in Zukunft für Besichtigungen zugänglich sein.