SALAR DE UYUNI – EINE „SPIEGELVERKEHRTE“ MÄRCHENLANDSCHAFT
Eines vorne weg: die Salar de Uyuni ist ohne Übertreibung ein einmaliges Erlebnis. Vermehrt haben wir in Erfahrungsberichten von der Salar de Uyuni als persönliches Highlight einer Südamerikareise gelesen. Und eines dieser Highlights ist sie definitiv!
Die Südamerikaner und wohl speziell die Bolivianer sind dafür bekannt, für jede Kleinigkeit auf die Straße zu gehen. Grundsätzlich finde ich das positiv, im Vergleich zu uns Deutschen, die wir in den letzten Jahrzehnten ein wenig lahm und resigniert geworden zu sein scheinen, wenn es darum geht, für unsere Rechte einzustehen. Man kann es aber auch übertreiben, und das sollten wir die nächsten paar Tage zu spüren bekommen.
Wieder mal mit dem Nachtbus erreichten wir gegen 6 Uhr morgens Uyuni. Nachdem wir uns mit vielen anderen in dem einzig offenen Lokal um die Zeit bei Tee und Kaffe aufwärmten, bezogen wir unsere Unterkunft. Uyuni ist dafür bekannt, dass seine Unterkünfte genau wie der Ort selbst keine Wohlfühlpreise gewinnen. Uyuni ist eine Geisterstadt mitten im Nirgendwo. Ein paar Unterkünfte, überteuerte Restaurants mit allesamt dem gleichen Angebot, während allesirgendwie trostlos und unfertig erscheint. Egal, in Uyuni bleibt man ja nur die allernötigste Zeit, um eine Tour zu buchen und ab geht’s. Eigentlich.
Bereits früh morgens erfuhren wir, dass es wohl Blockaden auf einigen Straßen der 3 Tages Route durch die Salar de Uyuni gibt, weshalb die Route aktuell nicht möglich sei. Mehrere Wege Richtung Süden und zurück nach Uyuni, welche auf der dieser Route liegen, seien gesperrt. Die Bevölkerung dieser Region demonstriert für die Asphaltierung einer bestimmten Straße, die bis dato eine noch schwer befahrbare Sandpiste ist. Anscheinend wurden in der Vergangenheit einige Pisten in anderen Regionen asphaltiert, und besagte Region möchte nun auch unbedingt so eine asphaltierte Straße. Also versuchten sie, ihre Regierung damit zu bezwingen, den Tourismus zum Erliegen zu bringen, in dem sie eine der Hauptattraktionen ihres Landes beschwerlich bis unpassierbar machten. Hinzu kamen überdurchschnittliche Niederschlagsmengen am südlichen Rand der Salzwüste, die es den Tourjeeps erschwerten, den üblichen Weg Richtung Süden zu befahren. Man hörte von Jeeps, die im Salz stecken blieben oder auf einer der Routen von Protestanten stundenlang festgehalten wurden, teils ohne Wasser. Zudem wird es nachts empfindlich kalt, auch wenn wir in der noch wärmeren Jahreszeit unterwegs waren.
Nachdem wir gemeinsam mit anderen Gleichgesinnten einige Agenturen abgelaufen sind, wurde die Befürchtung Gewissheit. Da an diesem Tag aber richtig gutes Wetter war, nutzten wir die Chance gleich eine 1 Tages Tour in die Salar de Uyuni, um abzuwarten, ob sich die Situation am Folgetag beruhigen würde und man quasi den Rest als 2 Tages Tour dann über eine Alternativroute machen konnte. Wir buchten übrigens über Salty Desert, und waren sehr zufrieden. Sie rangieren mit ca. 180 USD p.P. (3 Tages Tour all in) im preislichen unteren Mittel, und wir haben bei gefühlt allen Agenturen gefragt; die Anzahl ist anders als in Cusco/Peru überschaubar.
Unsere 1 Tages-Tour startete gegen halb 11. Der erste Stop ist in der Regel nach kurzer Fahrt der „cementerio de los trenes“ – der Zugfriedhof. Dieser Ort mitten in der Wüste – in dem Fall Sandwüste – war früher der Platz, an dem die ehemaligen kohlebetriebenen Dampflogs Halt machten, um neue Ware – meist Kohle und andere Mineralien – für den Weitertransport aufzuladen, um Reparaturen durchzuführen, oder einfach nur um eine Pause einzulegen. Nachdem modernere Züge aufkamen, wurden die alten dort einfach stehen gelassen. Da ihnen anscheinend weder Wind noch Wetter etwas anhaben können, sind sie immer noch recht gut erhalten. Die Schienen sind heute noch in Betrieb, allerdings nicht mehr alle Strecken und nur noch höchstens einmal am Tag, je nach Bedarf. Eine gute halbe Stunde verweilten wir hier, bevor es weiter ging.
Die nächste Stunde bis zum Lunch glich einer Kaffeefahrt: zunächst hielten wir an einem Örtchen, der eigentlich nur aus Souvenirständen bestand. Nächster Halt war bereits am Eingang der Salzwüste an einem Denkmal für die Dakar Bolivia, wo wir ca. 30 min blieben und uns der Umgebung am Rande der Salar de Uyuni widmen konnten. Da wir uns in der Regenzeit befanden, war die Salar voll Wasser, an manchen Stellen bis zu 10 cm oder gar tiefer. Man lief also durch Salzwasser. Dieses war an den meisten Stellen wohlig warm, und da herrlich strahlender Sonnenschein herrschte, war es recht angenehm. Am einen Ende des Horizonts zeichneten sich zwar bedrohliche dunkle Wolken ab, die aber bis spät abends hielten.
Vorteil der Regenzeit und damit dem Wasser in der Salar ist in diesem Fall, dass man tolle Spiegeleffekte hat, woraus sich spannende und wirkungsvolle Fotos oder Videos machen lassen. Die skurrilen Wolkengebilde am Horizont spiegeln sich in der Wasseroberfläche. Die sich ergebenden Spiegeleffekte erinnerten mich direkt an Bastelstunden aus Kindertagen: man gab ein paar bunte Kleckse an Wasserfarbe wie wild und zusammenhangslos auf ein weißes Blatt Papier. Dann faltete man das Papier in der Mitte und presste es kurz zusammen. Nach ein paar Sekunden faltete man es gespannt wieder auf und wurde von den skurrilsten Form- und Farbformationen überrascht, die man so gezaubert hatte. Meistens sahen sie aus wie bunte Schmetterlinge.
Überhaupt wird man in der Salar Zeuge eines prächtig strahlenden Farbenspiels:
Neben hellem Weiß reihen sich Blau, Türkis und Pinktöne – bis die Wolken wieder lila sind 😉 Aufgrund der grellen Sonne sind Sonnenbrille und Sonnencreme hier unabdingbar! Betrachtet man den Untergrund etwas genauer, erkennt man relativ große Salzkristalle. Sie sind in der Regel bis zu einem halben Quadratzentimeter groß und bestehen meist aus 4 zusammenhängenden kleinen Kristallen, die in der Sonne erbarmungslos glitzern und funkeln. Verliert man mal seinen Flip Flop, können ihre scharfen Kanten aber auch ganz schön weh tun. Taucht man die Hände kurz ein, bleibt nach dem Verdunsten des Wassers eine pulverfeine puderzuckerähnliche Salzschicht auf der Haut zurück. Wir waren verwundert, wie fein sich das bei solch großen Kristallen anfühlte. Allerdings haftete es auch ziemlich hartnäckig, und war schwer wieder loszuwerden. Ganz besonders schick sahen unsere Hosen am Ende des Tages aus, ein bisschen wie Malerhosen 😉
Die Salar de Uyuni umfasst ca. 10 qm. Sie soll aus bis zu 10 verschiedenen Salzschichten bestehen, die unterschiedlich dick sind. Die erste ist die Oberfläche, die offensichtlich dick genug ist, dass sie mehreren Jeeps täglich stand hält, aber nicht genug, um lukrativen Salzabbau zu betreiben. Lediglich kleinere Orte in der näheren Umgebung betreiben Salzabbau, der nur an bestimmten Stellen der Salar erlaubt ist, und verkaufen das gewonnene Salz in die umliegenden Ortschaften. Teilweise wird er auch mit dem Zug etwas weiter transportiert, aber es findet kein Abbau oder Export in größeren Mengen statt.
Unter der ersten Schicht befindet sich zunächst Wasser, darunter mehrere Schichten Salz- und Mineralgemisch. Die Salar entstand aus dem Zusammenfluss mehrerer Flüsse, wodurch verschiedenste Mineralien aufeinander trafen. In jeder Regenzeit bildet sich neues Salz auf der Oberfläche. Durch sogenannte „ojos de Sal“ – zu deutsch Salzaugen – wird durch das aufsteigende Wasser aus den unteren Schichten Salzgemisch nach oben transportiert. Diese Salzaugen sehen aus wie heiße Quellen, sie blubbern auch, das aufsteigende Wasser ist jedoch kalt, richtig kalt. In der Trockenzeit gleicht die Salar mit ihren glitzernden Salzkrusten an der Oberfläche wie einer ausgetrocknete Steppenlandschaft in Afrika, nur eben weiß, und es ist auch tagsüber wesentlich kälter. Die Salzaugen können etwas kleiner und enger sein, sind aber immer noch mit Wasser gefüllt. Auf meine Frage hin, wie es wohl da unten aussieht, meinte unser „Guide“, das wüsste keiner so genau. Manche Salzaugen sind groß, sodass durchaus ein Taucher durchpassen würde. Aber angeblich war das Interesse wohl noch nie groß genug gewesen, als dass Forschungen oder Erkundungen in die Richtung finanziert und stattgefunden haben.
Nach dem Lunchpicknick in einem der Salzhotels – in dem eben alles aus Salz ist – war der Nachmittag frei für die Fotosession. Teils unter uns, teils gemeinsam mit unserem Guide – der ganz ansehnliche Fotos und Videos machen konnte – verbrachten wir die nächsten Stunden damit, unter teils akrobatischen und sehr lustigen Verrenkungen die für die Salar typischen Bilder zu machen.
Die Blockade spielte uns jetzt sogar in die Karten, denn durch diese 1-Tages-Tour konnten wir den Abend in der Salzwüste verbringen, normalerweise fährt man vor dem Sonnenuntergang schon zum ersten Nachtcamp weiter. Und dieses Naturschauspiel sollte man sich nicht entgehen lassen. Wir machten uns deshalb per Jeep auf zum Rand der Salar, um den Sonnenuntergang zu beobachten. Nach und nach tauchte alles um uns herum in ein wunderschönes, fast unwirkliches Licht ein, ein Gemisch aus ätherischem orange, rot und grapefruitpink, welches dunkler und tiefer wurde und die Umgebung in eine immer surrealere Fantasiewelt verwandelte. Diese Empfindung wurde durch die Wasserspiegelung zusätzlich verschärft. Wo genau befindet sich der Horizont? Schwer zu sagen. Um den sich schlafen legenden Sonnenball tanzten flauschige Wolken in sanftem türkisblau. Hinzu kamen immer wieder helle Blitze, die links und rechts am Himmel auftauchten, um den Moment noch mystischer wirken zu lassen.
Es war schon stockdunkel und empfindlich kalt, als wir gegen 8 Uhr abends in Uyuni ankamen, immer noch in Flip Flops und mit vom getrockneten Salz weißen Füßen. Für uns war dieser Tag ein Wunder der Natur. Wir wünschen Euch viel Spass bei unseren weiteren Artikel und hoffen Euch mit auf unsere Reise zu nehmen.
Doris 2. August 2018
..was für traumhaft schöne Bilder!!